Straßenbenennung im Adlerluch bleibt inakzeptabel

Die Straßenbenennung im Adlerluch in Oranienburg ist inzwischen aber ein Skandal mit internationalem Ausmaß. Auf die jüngsten Äußerungen von Nicole Walter-Mundt (CDU) reagieren die Kulturpolitikerin Gerrit Große und ich mit Entsetzen. Wir bleiben dabei: Es geboten, im Einvernehmen mit den Hinterbliebenen der Opfer und den sie vertretenden Verbänden eine Lösung für die Benennung der Straßen zu finden.

Dass die Oppositionsvertreter eine Ministerin vor den Koalitionsabgeordneten in Schutz nimmt, ist sicher mehr als ungewöhlich. Die Straßenbenennung im Adlerluch in Oranienburg ist inzwischen aber ein Skandal mit internationalem Ausmaß. Der für Oberhavel aktive linke Abgeordnete Andreas Büttner, wie auch die Kulturpolitikerin Gerrit Große, die den linken Ortsverband führt, sind entsetzt über die jüngste Abgeordnetenschelte von Nicole Walter-Mundt gegen Ministerin Schüle.Frau Walter-Mundt versucht Aufmerksamkeit zu erheischen in Themenbereichen, die ihr ganz offensichtlich fremd sind. Es geht eben nicht darum, Opfer untereinander auszuspielen. Es geht darum, die unfassbaren Gräuel der Singularität des industriellen Massenmordes durch die deutschen Nationalsozialisten nicht in Vergessenheit geraten zu lassen und die Opfer entsprechend zu würdigen. Walter-Mundts Worte hingegen sind getragen vom Gedanken der Gleichsetzung von Speziallager und Konzentrationslager. Ganz offensichtlich hat die Abgeordnete Walter-Mundt die besondere Rolle Oranienburgs in der Todesmaschinerie des NS-Regimes nicht verstanden. Ganz offensichtlich weiß sie die zwei Konzentrationslager, die Vielzahl von Außenlagern und vor allem die Rolle der Inspektion der Konzentrationslager sowie der Führung der SS-Totenkopfverbände nicht zu bewerten. Anders ist es aus Sicht von Büttner und Große wohl kaum zu erklären, wie es ausgerechnet 75 Jahre nach der Befreiung zu solchen unbedachten Äußerungen kommen kann."Wer a sagt, der muss nicht b sagen. Er kann auch erkennen, dass a falsch war", zitierte die Grüne Petra Klemp in der Stadtverordnetenversammlung Bertolt Brecht. Büttner und Große halten die Benennung der Straßen, wie im Beschluss der SVV vom 22.6. gefasst, für falsch, so wie auch die Fraktion der Grünen und der Linken.

Nicht das Zustandekommen der Namensvorschläge war falsch. Die Straßenbenennungskommission hat sich um einen ausgewogenen Vorschlag bemüht. Es war ein demokratischer Prozess. Auch der Wunsch, insbesondere Frauen bei der Namensfindung zu berücksichtigen, ist legitim. Das "Falsche" besteht nunmehr darin, dass die Stiftung der Brandenburgischen Gedenkstätten und die Opferverbände zwar beteiligt, nicht aber gehört wurden. Es besteht zudem darin, dass sich weder die Mehrheit der SVV noch der Bürgermeister abbringen ließen von diesem falschen Weg. Weder das Veto des Internationalen Sachsenhausen-Komitees, noch des Zentralrates der Juden, noch der Kinder der Überlebenden des KZ Sachsenhausen haben es vermocht, die Fraktionen SPD, CDU, FDP, AFD, Freie Wähler zum Überdenken ihrer voreiligen Entscheidung zu bewegen. Eine auch auf internationaler Ebene fatale Entscheidung und ein Armutszeugnis für die Stadt Oranienburg, finden Büttner und Große.

Wie zuvor schon die Ministerin Schüle, fordern Büttner und Große die Stadtverordnetenversammlung und den Bürgermeister auf, das Gespräch mit der Gedenkstätte und den Opferverbänden zu suchen und an einer Lösung zu arbeiten. In einer Demokratie müssen Fehler korrigierbar sein. Diesen Fehler muss man korrigieren, wenn man dem Ansehen der Stadt keinen dauerhaften schweren Schaden zufügen möchte. Die Faktenlage ist eindeutig. Im Adlerluch geht es um das Gelände eines Außenlagers. Insofern ist es geboten, im Einvernehmen mit den Hinterbliebenen der Opfer und den sie vertretenden Verbänden eine Lösung für die Benennung der Straßen zu finden. Im Einvernehmen!

Das ist das Mindeste, was von dieser Stadt erwartet werden kann und muss.